
Gestern hatte ich wieder mal die Gelegenheit einen Fotokurs zu besuchen. Die Lichtführung bei Portrait-Aufnahmen stand im zentralen Focus. Was hat mich an der Kursausschreibung von Marco Nietlisbach angesprochen? Zum einen dass ein Model gebucht wird und sich nicht Fotografen selbst fotografieren sollen, denn dann stehe ich die meiste Zeit vor der Kamera und nicht dahinter. Bei einem Thema wie Lichtführung wo das Model selber ja nicht direkt sehen kann wie nun das Licht geführt wird ist das aus meiner Sicht nicht produktiv. Zum anderen war es der Punkt dass ich meine Bild-Idee umsetzen kann. Ich habe mir klar zum Ziel gesetzt, mich aktuell wieder nur einer einzelnen Lichtquelle zu widmen, bevor ich mich an die Komplexität von vielen einzelnen Lichtern wagen will.
Coaching — Licht macht das was man von ihm nicht erwartet
…aber es lässt sich schlecht ohne Licht fotografieren. So gesehen ist Licht ein notwendiges und wichtiges Element im Leben eines Fotografen. Aber wenn man ein paar Dinge über Licht weiss, dann kann das einem Fotografen das Leben doch sehr erleichtern. So gesehen war es hervorragend das es lediglich 3 Kursteilnehmer waren die Marco zu coachen hatte. Und genau das machte er… es war ein persönliches Coaching zu den jeweiligen Setups die uns Marco vorgestellt hat.
Technische Theorie oder doch Praxis
Der Kurs bestand aus einem theoretischen Teil der auch viel technisches Know-How vermittelt hat. Hier war ich froh nicht ganz unbelastet an die Sache herangehen zu müssen, da ich mich doch bereits intensiv mit dem Thema Licht auseinandergesetzt habe. Der Hauptteil bestand aber zum Glück aus viel Praxis. Und in diesen praktischen Teilen hat uns Marco jeweils mit seinen Setup überrascht. Unterstützung hat er vom Model Fay R. bekommen. Eine bezaubernde, junge Frau die sehr, sehr schnell erkennen lässt warum es sich lohnt ein (semi-)professionelles Model zu buchen. Ich konnte mich wirklich auf Technik, Licht, usw. konzentrieren und musst mich nur wenig mit dem Model beschäftigen bzw. ihr nur ganz wenige Anweisungen geben. Sie wusste meistens ziemlich genau was als nächsten kommen wird. Perfekt.
Setup 1 — der Klassiker
Das erste Setup kam für mich bereits sehr nahe an meine gewünschte Präferenz heran mich künftig nur noch um eine Lichtquelle kümmern zu müssen. Die folgenden Seitenangaben beziehen sich nun jeweils immer aus Sicht des Fotografen — und so stand nun links in einem Winkel von ca. 45° ein Beauty-Dish-Reflektor der eine wundervolle Kombination von harten Licht erzeugt, das aber dennoch weich auslaufende Schattenkanten erzeugt. Für Portraits ist das der Klassiker. Die Hautporen werden umschmeichelt und das Licht ist akzentuiert, aber eben trotzdem sehr weich.
Der Spot im Hintergrund wird von einem 2. Blitz erzeugt der mit einem Standardreflektor mit Wabe versehen ist. Lässt sich einfacher direkt im Bild setzen als dann nachträglich in Photoshop einzubauen.
Da ja das Licht auch ca. 45° schräg von oben gesetzt wird kann es durchaus zu störenden Schatten unter dem Kinn oder der Nase führen. Dazu einfach ein kleines Stück Karton mit Alufolie überziehen oder ein Stück weisses Styropor und schnell kann mit dem selbstgebastelten Reflektor etwas Licht in den Schatten gezaubert werden. Rechts neben dem Model wurde eine schwarze Abschatter-Wand platziert die für die nötige Akzentuierung sorgt. Ich habe Bilder mit und ohne Abschattung und der Effekt ist wirklich marginal aber subtil gegeben und irgendwie eben mit Abschatter doch besser.
Setup 2 — Fashion
Das zweite Setup ist weitverbreitet in der Fashion-Fotografie und kann vermutlich an jedem erdenklichen Ort aufgebaut werden. Der Hintergrund ist eine 150cm Octabox und die Grösse ist entscheidend. Wenn man sich das Licht an den Wangen betrachtet dann kommt das nur so weit nach vorne weil das Model mit dem Rücken an der Octabox steht und weil durch die Grösse der Softbox das Licht auch so weit um das Gesicht „malen“ kann.
Das Licht von hinten setzt also zum einen mal den Akzent an den Wangen, den Haaren und sogar links im Augenwinkel ein Spitzlicht. Als Hauptlicht hängt vor dem Model von oben eine Softbox im Winkel von ca. 45° (in den Augen des Model erkennt man oben den Lichtreflex der Softbox). Auch hier kämpft man natürlich gegen Schatten an und so kommt von unten eine Reflektorplatte aus Styropor zum Einsatz welche die Schattenpartien entsprechend aufhellt. Also Fotograf schiesst man dann seine Bilder zwischen Unterkante Softbox und Oberkante Styroporplatte durch.
Setup 3 — Der Lichtkranz
Was Marco uns dann am dritten Set gezeigt hat war faszinierend und extrem lehrreich um viel über Licht zu lernen.
Das dritte Set war genau das selbe wie in Setup zwei. Nun wurde ein Stück schwarzer Samt vor die Octabox gehängt so dass in der Mitte eine Fläche abgedeckt wurde, aber ringsherum doch Licht aus der Softbox austreten kann.
Das Problem war aber, dass man im Bild überall mit Streiflichtern aus der Softbox von vorne zu kämpfen hat. Aber Marco hat uns natürlich seinen Trick vertraten. Die Softbox oben wurde abgeschaltet. Der Aufheller von vorne wurde gelassen und sorgte für die letzte Helligkeit im Gesicht. Klasse und so einfach… wenn man es dann weiss.
Setup 4 — Hartes Licht für den Schatten
Im vierten Set wollte ich mal Licht und Schatten kombinieren. Einzige Lichtquelle war hier ein Standardreflektor auf der linken Seite. Die Position leicht von unten nach oben. Also Blitz aufs Model ausrichten und Bääääämmm
Setup 5 — Grösse kann man nur durch noch mehr Grösse übertreffen
Schon am Morgen beim Betreten des Studios hat sich gleich ein breites Ohhhhhhhh über meine Lippen geschlichen. Dort stand ein Parabolschirm von Broncolor mit einem Druckmesser von 220 cm. Sehr beeindruckend… aber taugt das was ? Also dafür konnte ich ihn nun nicht in jeglichen Stellung ausprobieren und bin definitiv nicht der geeignete Tester. Was ich aber sagen kann ist dass das Licht was der Schirm abgibt schon sehr beeindruckend ist. Er besteht aus 24 Segmenten — und die Lichtquelle lässt sich im Abstand vom Mittelpunkt aus verschieben. Fährt man also die Blitzleuchte ganz heraus dann ändert sich die gesamte Lichtkarakteristik. In der Null-Position erscheint es als eine grosse Sonne und voll ausgefahren erzeugt man 24 kleine Sonnen.
Tröstlich ist zum einen das ich diese Grösse von Schirm nie in meinem Studio unterbringen werde und zum anderen der Preis. Da ist selbst der Vergleich mit den Kosten für ein Dampfschiff noch nicht ganz ausreichend um letzte Überlegungen abzuwenden. Das Ding ist super.
Das Setup vom letzten Bild war releativ einfach. 220 cm Para-Schirm von vorne und hinter dem Model wieder ein Standardreflektor mit mittlerer Wabe für den Spot. Damit aber der Hintergrund von dieser „riesigen Sonne“ nicht komplett ausgeleuchtet wurde, standen neben dem Model links und rechts 2 Abschatter-Wände in schwarz.
Eingangs bereits erwähnt war der Tag für mich ein Erfolg. Marco hat das locker erklärt und die Atmosphäre bei ihm im Studio war super. Die Zusammenarbeit mit Fay R. war toll und so sollten Workshops aus meiner Sicht funktionieren. Ich habe viele Inputs mitgenommen und werde sicherlich einiges davon meinem kleinen Studio anwenden. Auf jeden Fall bin ich bestätigt worden mich zuerst wieder um das EINE Licht zu kümmern. Mit einer Lichtquelle lassen sich hervorragend Bilder erstellen.