Kopfkino — 6 Themen und 6 Stunden

Es war wieder soweit und ein Fotomarathon hat mich gefordert. Nach dem letztjährigen Exkurs nach Luzern und der selben Aufgabenstellung war ich ziemlich entspannt und dachte mir das es ein Leichtes sein wird, die richtige Wahl zu treffen. Es kommt eben doch meist anders.

In Basel angekommen wurden die Regeln erläutert. Ich habe 6 Stunden Zeit, ich habe 6 Themen als Vorgabe und ich muss zu jedem Thema ein Bild abgeben. Die Reihenfolge muss eingehalten werden und die Bilder kommen ohne Bearbeitung direkt aus der Kamera. Was mir nun noch fehlte war mein persönlicher roter Faden zum heutigen Tag. Die Bilder sollen am Ende wieder in einer Serie stehen und da dies bei unterschiedlichen Themen nicht sonderlich einfach ist — zumindest nicht für mich — hab ich mich für die Umsetzung in Schwarz-Weiss entschieden.

Mit einem Lächeln

Das erste Thema kann ja nicht so schwer sein. Aber schnell war mir klar das ja auch die anderen Teilnehmer die selben Themen haben und somit war klar das auch gefühlte 95% auf der Strasse jemanden ansprechen werden und ein Lächeln erhaschen wollen. Also habe ich lange, lange nach Alternativen gesucht. Die Zeit rennt mir davon und langsam komme ich in Verzug. Wenn ich noch lange nach der anderen Idee suche, dann ist der Tag vorbei und ich steh ohne — Moment, da war es…

Mit einem LächelnDer junge Mann hatte genau den, für mich kleinen, entscheidenden Unterschied. Er hat diesen Pulli an. Ich habe mich kurz vorgestellt, ihm erklärt um was es geht,  ihn aus seiner Gruppe heraus gelöst und ein kleines Shooting gemacht. So nun kann es weiter gehen.

In der Regel machen Passanten bei solchen Aktionen gerne mit. Ich gebe mich freundlich zu erkennen, erkläre meine Absichten und schnell ist man mich dann auch wieder los. Wenn die Situation es erfordert dann fotografiere ich auch mal aus dem Hinterhalt, gebe mich aber dann im Nachgang zu erkennen und hol mir, mindestens über einen Blickkontakt, das Recht ab. Ob ich damit nun wirklich alles rechtliche im Griff habe entzieht sich meiner Kenntnis, aber wenigstens habe ich dabei so kein schlechtes Gewissen.

Farblos

Das nächste Thema kann ich ja super umsetzen. Ich mach ja Schwarz-Weiss-Bilder und so kann ich fotografieren was ich will, es wird eh ohne Farbe sein. Im Münster fand ich dann diese Skulpturen. Die Totenmaske auf der Trommel hatte es mir sofort angetan. Es hatte so etwas trostloses, morbides, düsteres an sich. Lange habe ich aber mit den Kontrasten gekämpft bis ich endlich eine Einstellung hatte die mir passte.

FarblosSüss

Und nun kam genau das Gegenteil… was suche ich mir für ein Sujet das dem Thema „Süss“ gerecht wird, aber in Schwarz-Weiss nicht komplett verliert. Oh je, die Suche geht wieder los.

Während man unterwegs ist, sich Gedanken macht was man als nächstes fotografiert und das zum Thema passt, kommt man natürlich an den besten Spots vorbei und entdeckt Situationen die perfekt passen — aber leider ist das Thema bereits durch oder es kommt erst später. Das Leben ist eben kein Ponyhof — und ein Fotomarathon schon recht nicht. Erschwerend war noch der Wochentag — an einem Sonntag stellt man sich eben nicht schnell in einen Laden und fotografiert die bekannten „Basler Leckerli“. Am Sonntag ist eben auch in Basel alles dicht.

Also ziehe ich durch die Gassen und suche — Stopp, in der Auslage eines Erotikshops, was ist das denn ? Das muss ich nehmen. Wenn ich bereits ein Schmunzeln im Gesicht habe dann wird das sicherlich auch beim einen oder anderen Betrachter des Bildes vorkommen. Und ich zaubere gerne ein Lächeln.

SüssHalbzeit bei den Themen und wieder etwas Boden gut gemacht. So kann es weitergehen.

Verloren

Nun die Augen auf den Boden. Wo liegt was herum das jemand verloren hat — natürlich nirgends. Also was assoziiert man mit dem Begriff „Verloren“ sonst noch ? Beim Coiffeur habe ich meine Haare verloren — oder ist das mehr eine Opfergabe ? Auf die andere Seite vom Rhein ins Rotlichtviertel wechseln ? Da hat vielleicht schon so mancher seine Unschuld und/oder sein Geld verloren. Und das Kopfkino hat gearbeitet und gearbeitet. Aber es fehlte am entscheidenden Gedanken.
„Die Zeit rennt — Charlie, die Zeit rennt.“ OK das hilft mir nun nicht wirklich wenn mich mein innerer Kollege auch noch unter Druck setzt. Aber mit allem was ich probiere bin ich unzufrieden. Am Ende muss ich mich nun entscheiden und so war es das fehlende Rücklicht.

VerlorenDas nächste Thema ist ja sowas von easy, da hole ich wieder Zeit auf, das habe ich in fünf Minuten im Kasten.

Freiheit

Na was verbinde ich mit Freiheit. Den ganzen Morgen war mir schon klar was ich zu diesem Thema fotografieren werde. Wir sind in Basel, da fliesst der Rhein da hat es Schiffe und da gibt es Möwen — Hähhh, wo sind die Möwen, warum gibt es in Basel keine Möwen. Das darf doch nicht wahr sein.

Nach gefühlten 2 Stunden dann die Erkenntnis das es in Basel heute keine Möwe gibt. Und was mach ich nun ? Plötzlich steh ich wieder mächtig unter Druck. Was soll ich nun zum Thema „Freiheit“ umsetzen ? Eigentlich sollte es eben keine Taube sein. Aber die kleine Ratte der Lüfte stand da und mit dem Geländer, das ich vor mir hatte, konnte ich sie einrahmen und hab dem Bild eine schöne Kombination verpasst das es für mich zu einem der guten Bilder von Tag machte.

FreiheitOft liegt das Gute eben doch direkt vor einem.

Licht und Schatten

Nun war die Zeit am letzten Thema. Der Vorteil lag im tollen Wetter das uns mit viel Licht und eben soviel Schatten verwöhnt hat. Nach einem kleinen Abstecher in ein irisches Pub, einem köstlichen Pint Guinness, stand vor der Tür ein Stapel Eisengitter und darin wechselten sich Licht und Schatten. Das war’s.

Licht und SchattenUnd so waren 6 Themen auf den Sensor gebannt.

Diese Art zu fotografieren finde ich extrem spannend und herausfordernd. Man begegnet seiner Umgebung mit weit geöffneten Augen und versucht in jedem und allem das nächste Thema zu sehen. Man läuft durch die Strasse und sucht den Zusammenhang, überlegt sich ob es passt oder interpretiert die Aufgabe in das Objekt. Kopf-Kino für 6 Bilder.

2 Kommentare zu „Kopfkino — 6 Themen und 6 Stunden“

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