Bewerbungen — und die Kritik an sich selbst

Seien wir mal ehrlich… wer gefällt sich auf Fotos schon selbst. Die wenigsten die ich kenne sind begeistert wenn sie sich auf einem Foto zu sehen bekommen. Da schliesse ich mich nicht aus. Aber warum ist das so?

Ich bin kürzlich erst auf einen Artikel zu dem Thema gestossen. Der Grund warum wir uns auf Fotos nicht gefallen ist nicht eine übertriebene Selbstkritik, sondern ein psychologischer Effekt namens „Mere-Exposure“. Auf Dinge die wir häufig sehen reagieren wir positiv. Da wir uns selbst am häufigsten im Spiegel sehen, ist das auch das Bild, das uns von uns am besten gefällt. Die schiefe Augenbraue oder die krumme Nase, wir haben uns an unser Spiegelbild gewöhnt und reagieren positiv darauf. Auf einem Foto sehen wir uns aber so wie uns andere Menschen sehen. Eben nicht spiegelverkehrt. Das ist ungewohnt und  erscheint uns nun merkwürdig.

Oft erfahre ich das bei Shootings. Ich als Fotograf sehe mir das Foto an und denke „Super, gefällt mir ausserordentlich gut“. Das Model vor der Kamera sieht nun aber eben nicht das Spiegelbild von sich und reagiert oft verunsichert und unzufrieden. Ist dann noch eine dritte Person dabei wird der Effekt meist klar erkennbar.

Christine

Heute hatte ich das Vergnügen Bewerbungsbilder machen zu dürfen. Christine und Aline kamen bei mir im Studio vorbei um sich ins rechte Licht rücken zu lassen. Und der „Mere-Exposure“-Effekt hat zugeschlagen. Herrlich…

Ich bin sicherlich nicht ein Spezialist für Bewerbungsfotos, trotzdem habe ich versucht nicht gleich alles verkehrt zu machen. Ich möchte aber auch vorweg nehmen das ich natürlich auch versuche in solchen Arbeiten eine Note von mir einzubauen. Ich finde z.B. Querformat für ein Bewerbungsbild ansprechender als diese gängigen Hochformate. Das Gesicht soll Platz haben und Raum um sich entfalten zu können. Es wirkt frischer und moderner. Den Hintergrund halte ich klassisch neutral, wobei ich auf die Helligkeitsverläufe achte.

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Das Lichtsetup besteht aus 3 Blitzen. Das Hauptlicht ist ein Beauty-Dish mit Wabenvorsatz, schräg oben links positioniert. Von hinten rechts ein Snoot mit Wabeneinsatz für das Haarlicht – wobei ich ehrlich sagen muss das ich den auch ab und an weglasse. Das dritte Licht setzte den Helligkeitsverlauf auf den weissen Hintergrundkarton — ja er ist weiss, nicht grau. Dazu verwende ich einen Standardreflektor mit einem 20° Wabenvorsatz. Die Kamera-Einstellungen waren unverändert bei ISO 100, 1/250 sec. Verschlusszeit und Blende 8. Als Objektiv hatte ich ausschliesslich das Nikkor 85mm F1.4 G im Einsatz — meine klassische Portrait-Linse.

Zusätzlich habe ich rechts vom Model eine weisse Styropor-Platte die mir zum einen die rechte Hälfte des Models dezent aufhellt und mich zum anderen gegen das Licht des Haarlichts schützt. Eine weitere Styroporplatte auf Brusthöhe soll etwas Licht unter das Kinn zaubern.

Christine

Nun hoffe ich das es für die beiden mit den Bewerbungen klappen wird und es nicht an den Fotos scheitern wird. Ich drücke ihnen die Daumen.

Aline

Damit kann ich nun also auch Bewerbungs-Fotos in mein Portfolio aufnehmen. Wobei ich gleich dazu erwähnen möchte das es, wie meistens bei meinen Shootings, eine Win-Win-Situation ist. Christine steht mir immer wieder mal Model und wenn ich einen Kurs zum Thema Portrait-Fotografie geben darf, ist sie meistens mit dabei. So helfen wir uns gegenseitig. So hoffe ich die beiden bei anderer Gelegenheit wieder mal für ein Shooting begeistern zu können.

Na, würdet ihr sie einstellen?

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